Inflation, Zinsunsicherheiten und geopolitische Risiken bringen klassische Anlageformen unter Druck. Gold gilt als Krisenwährung, doch ein anderes Edelmetall rückt zunehmend in den Fokus. Die Nachfrage nach Silber steigt in der Industrie ebenso wie unter privaten Investoren. Möchten Anleger Kapital diversifizieren, finden sie im weißen Metall eine interessante Möglichkeit, vorausgesetzt, sie verstehen das Chancen-Risiko-Profil und achten auf maßgebliche Aspekte wie die sichere Lagerung.
Warum Anleger Silber nicht unterschätzen sollten
Silber führt ein Doppelleben, denn es ist Rohstoff und zugleich Wertaufbewahrungsmittel. Im Gegensatz zu Gold, das zu rund 90 Prozent für Schmuck oder als Anlage genutzt wird, steckt Silber primär in der Industrie. In Solarzellen, Batterien, LEDs oder elektrischen Kontakten kommt Silber unter anderem zum Einsatz. Allein 2023 entfielen laut Silver Institute mehr als 55 Prozent der globalen Nachfrage auf industrielle Anwendungen. Das sind über 600 Millionen Unzen. Vor allem die Solarindustrie treibt das Wachstum an, denn seit 2020 hat sich der Silberverbrauch pro Photovoltaik-Modul um rund 20 Prozent erhöht. Die Internationale Energieagentur erwartet bis 2030 gar eine Vervierfachung der globalen Solarstromkapazität.
Hinzu kommt, dass Silber im Vergleich zu Gold deutlich günstiger ist. Eine Unze Silber kostet im Juni 2025 circa 37 US-Dollar, wohingegen Gold bei über 3.340 US-Dollar liegt. Das ermöglicht selbst Kleinanlegern den Einstieg und den physischen Erwerb von Barren oder Münzen.
Chancen für Investoren, aber nicht ohne Schwankungen
Silber ist bekannt für seine hohe Volatilität. Das ist jedoch nicht zwingend ein Nachteil, es eröffnet vielmehr kurzfristige Chancen. Stieg man beispielsweise 2022 bei 19 USD pro Unze ein, verzeichnete man bis Mitte 2025 einen Anstieg von rund 90 Prozent. Analysten wie der Edelmetallexperte David Morgan sehen weiteres Potenzial, da die sogenannte Gold-Silber-Ratio, also das Verhältnis zwischen beiden Preisen, noch deutlich über dem historischen Durchschnitt liegt. Aktuell liegt es bei ca. 62:1, historisch pendelte es meist um 55:1.
Silber reagiert allerdings empfindlich auf zyklische Branchen. Ein Abschwung in der Automobil-, Halbleiter- oder Solartechnik übt deshalb mitunter kurzfristig Druck auf den Preis aus. Zudem ist die Lagerfähigkeit im Vergleich zu Gold aufgrund des höheren Volumens komplexer.
Tipp: Möchten Anleger auf Preisbewegungen setzen, kombinieren sie idealerweise physisches Silber mit börsengehandelten Produkten (z. B. ETFs oder ETCs). Diese sind in Deutschland allerdings nicht immer steuerfrei, wohingegen physisches Silber nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei veräußert werden darf.
Worauf du beim Kauf achten solltest
Nicht jede Silberanlage ist gleich sinnvoll. Möchte man physisch investieren, sollte man deshalb folgende Besonderheiten kennen:
- Barren vs. Münzen: Barren sind günstiger im Preis pro Gramm, aber schlechter handelbar. Münzen haben höhere Prägekosten, lassen sich jedoch weltweit einfacher verkaufen.
- Aufschläge & Handelbarkeit: Der Unterschied zwischen Ankauf- und Verkaufspreis (Spread) ist bei Silber höher als bei Gold. Umso ausschlaggebender ist es, auf transparente Händler zu setzen.
- Steuer in Deutschland: Silber ist nicht von der Mehrwertsteuer befreit, es fallen somit 19 Prozent an, sofern keine Differenzbesteuerung greift (gilt meist für Münzen mit Herkunft außerhalb der EU). Gewinne sind nach 12 Monaten Haltedauer steuerfrei.
Einsteiger sollten sich für gängige Stückelungen (1 oz, 100 g, 1 kg) entscheiden. Diese lassen sich im Bedarfsfall leichter in Teilmengen verkaufen.
Ohne gute Lagerung geht es nicht
Silber lagert man nicht einfach in der Schublade. Zum einen ist der Materialwert bei größerem Volumen beachtlich; 1 Kilogramm entspricht aktuell rund 1.200 Euro. Zum anderen ist Silber anfälliger für Oxidation, weshalb eine luftdichte Verpackung oder Klimakontrollen sinnvoll sind. Drei Möglichkeiten haben sich bislang bewährt.
Ein Bankschließfach ist sicher, aber oft teuer und nicht automatisch versichert. Ein eigener Tresor bietet maximale Flexibilität, ist aber versicherungsrelevant. Hier gilt es, die Hausratspolice zu prüfen. Auch professionelle Sicherheitslager sind eine Option. Sie sind versichert, temperaturstabil und oft mit einem Online-Zugang zu einem Depot verknüpft. Besonders für größere Mengen ist diese Lösung empfehlenswert.
Möchten Anleger Silber strategisch einsetzen, brauchen sie ein klares Konzept, das von der Stückelung über die Haltezeit bis zur Lagerung reicht. Erst dadurch wird aus dem Edelmetall eine rentable Beimischung ins Portfolio.