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Was Trump mit der deutschen Start-up-Szene am Hut hat

Deutschlands Gründer blicken zwar zunehmend kritisch auf ihr eigenes Land, dennoch gewinnt der Standort international an Anziehungskraft. Während die Stimmung in der Start-up-Szene zwischen Ernüchterung und Hoffnung schwankt, spielt vor allem der politische Kurs in den USA eine unerwartet gewichtige Rolle: Donald Trumps Wirtschaftspolitik sorgt nämlich für eine Verschiebung der globalen Kräfteverhältnisse und lässt Deutschland im Vergleich durchaus stabil erscheinen. Doch der Aufschwung mag ein paar Risse haben, zudem warten die größten Herausforderungen weiterhin im Inland.

Deutschland zwischen Skepsis und Aufwind: Gründer bleiben skeptisch

Deutschland zwischen Skepsis und Aufwind Start-up Szene

Deutschlands Start-up-Landschaft befindet sich in einer Phase der widersprüchlichen Gefühle. Einerseits sinkt das Vertrauen der Gründer in den eigenen Standort, andererseits rückt das Land aber im internationalen Vergleich wieder stärker in den Fokus. Laut einer aktuellen Erhebung des Start-up-Verbands bewerten nur noch 57 Prozent der befragten Gründer Deutschland positiv. Das ist ein Rückgang um 4 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Auch wenn noch immer rund 78 Prozent der Unternehmer künftig in Deutschland neue Firmen gründen wollen, so ist das doch deutlich weniger als in den Jahren zuvor.

Diese Entwicklung spiegelt eine durchaus ambivalente Realität wider: Deutschland wird als solide wahrgenommen, aber mit schwerfälligem Umfeld. Bürokratie, Fachkräftemangel und schleppende Kapitalbeschaffung belasten die Dynamik. Dennoch gewinnt das Land aber im globalen Wettbewerb an Profil.

Die Trump-Ära als ungewollter Standortfaktor

Besonders bemerkenswert ist die Verschiebung im Verhältnis zu den USA. Bislang galten die Vereinigten Staaten in der Startup-Welt als das Maß aller Dinge. Zum ersten Mal seit Jahren empfinden aber knapp 40 Prozent der deutschen Gründer ihr Heimatland als attraktiveren Standort als die Vereinigten Staaten. Das ist ein Anstieg um 6 Prozentpunkte.

Hinter dieser Veränderung steckt ein vielleicht gar nicht so überraschender Treiber: Die politische Lage jenseits des Atlantiks sorgt dafür, dass die USA etwas an Attraktivität verloren haben. Der wirtschaftspolitische Kurs der US Regierung unter Donald Trump, geprägt von protektionistischen Maßnahmen, Zollstreitigkeiten und zunehmender Polarisierung, lässt Deutschland nämlich im direkten Vergleich stabil und berechenbar erscheinen.

„Wir profitieren derzeit weniger von eigener Stärke als von der Unsicherheit in den USA“

weiß Verena Pausder, die Vorstandsvorsitzende des Start-up-Verbands. Die politischen Turbulenzen in Washington hätten für Gründer weltweit eine Signalwirkung: Wer auf Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen setzt, der findet diese zunehmend in Europa und somit auch in Deutschland.

Der Start-up Monitor, auf dessen Daten sich die Auswertung stützt, spricht sogar von einem „Relativvorteil“. Die Stärke Deutschlands ergibt sich demnach nicht aus einem Innovationsschub, sondern aus dem Vertrauensverlust der anderen Standorte.

Forschung und Fachkräfte als Pluspunkte

Traditionell punktet Deutschland mit seinen engen Verbindungen zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Viele Start-ups entstehen schließlich in direkter Nähe zu Universitäten und profitieren dann auch von deren Infrastruktur und von den gut ausgebildeten Absolventen. Dieses akademische Umfeld gilt international als einer der wichtigsten Standortvorteile.

Aber die Medaille hat natürlich auch eine Rückseite. Denn der Zugang zu Risikokapital bleibt die größte Schwachstelle des deutschen Start-up-Ökosystems. Während in den USA und zunehmend auch in Asien Milliardenbeträge in junge Technologieunternehmen fließen, kämpfen Gründer in Deutschland oft um vergleichsweise geringe Beträge.

Geht es um die Kapitalverfügbarkeit für Start-ups und misst man Deutschland an seiner Wirtschaftsleistung, so liegt die Bundesrepublik laut dem Verband nur auf Rang 18 unter den 40 führenden Volkswirtschaften. Somit befindet sich Deutschland hinter Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden. Pausder fordert daher ein entschlossenes Vorgehen:

„Wir müssen den Kapitalmarkt deutlich vertiefen und die Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen systematisch ausbauen.“

Der Ruf nach Reformen ist zwar nicht neu, doch er wird dringlicher und lauter. Denn ohne eine spürbare Verbesserung beim Kapitalzugang droht Deutschland langfristig seine Gründer an flexiblere Märkte zu verlieren. Aber nicht nur im Bereich Start-up will man Veränderungen. Auch bei der Digitalisierung muss Deutschland einen Gang hochschalten. Das beginnt schon beim Glücksspielstaatsvertrag. Nicht nur, dass man bei Anbietern mit deutscher Lizenz keinen attraktiven Bonus im Casino aktivieren kann, fehlt es auch am Live Casino. Denn das Live Casino wird durch den deutschen Glücksspielstaatsvertrag untersagt. Auch hier muss es Reformen geben, damit Deutschland konkurrenzfähig bleibt.

Verteidigungstechnologie als Überraschungssieger

Verteidigungstechnologie als Überraschungssieger

Eine Ausnahme bestätigt jedoch die Regel: Start-ups aus dem Verteidigungs- und Sicherheitssektor erleben aktuell einen wahren Investitionsboom. Während sehr viele der jungen Unternehmen in vielen anderen Branchen um Fördergelder ringen, hat sich das Kapitalvolumen im Verteidigungs- und Sicherheitssektor explosionsartig entwickelt. Lag der Betrag im Jahr 2020 noch bei 1,3 Millionen Euro, so waren es in den ersten acht Monaten des Jahres 2025 878,5 Millionen Euro.

Dieser Trend zeigt eindeutig, wie stark geopolitische Entwicklungen die Investitionslandschaft prägen können. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die wachsende Bedeutung militärischer Technologien haben das Bewusstsein für sicherheitsrelevante Innovationen geschärft. Anleger und öffentliche Fördergeber sehen in den Verteidigungstechnologien inzwischen nicht mehr nur moralisch schwierige, sondern auch strategisch notwendige Zukunftsfelder.

Dennoch warnen immer mehr Experten davor, dass man diesen kurzfristigen Kapitalzufluss als strukturelle Verbesserung missverstehen kann. Denn man konzentriert sich auf ein enges Segment, während viele andere Branchen weiterhin ganz klar unterfinanziert bleiben. Die zentrale Herausforderung besteht also darin, dass die Finanzierungsbereitschaft dauerhaft auf andere Sektoren, beispielsweise in Richtung Künstliche Intelligenz, grüne Technologien oder MedTech, ausgeweitet wird.

Der große Europa-Vergleich: Stabilität statt Dynamik

Im europäischen Vergleich präsentiert sich die Bundesrepublik Deutschland aber trotz aller Defizite erstaunlich robust. Laut den Zahlen des Start-up Monitors 2025, für den 1.846 Gründer befragt wurden, haben mehr als 61 Prozent der Befragten die Bedingungen in Deutschland als besser als in anderen europäischen Ländern bewertet.

Das klingt auf den ersten Blick natürlich nach einer Erfolgsmeldung, dennoch steckt eine ernüchternde Wahrheit dahinter. Der positive Trend ergibt sich vor allem aus der Schwäche anderer Märkte. Länder wie Spanien, Italien oder Polen kämpfen mit strukturellen Problemen, während Großbritannien nach dem Brexit stark an Attraktivität verloren hat.

Deutschland profitiert also weniger von Reformen als von internationaler Stagnation. Der Standort wirkt vergleichsweise stark, weil andere sich schwächer entwickeln. Oder, wie es ein Branchenbeobachter formulierte:

„Wer im Schritttempo geht, sieht nur deshalb schnell aus, weil die anderen stehen geblieben sind.“

Das größte Hindernis für nachhaltiges Wachstum ist die Kapitalknappheit. Während in den USA Milliarden in Start-ups rund um Künstliche Intelligenz fließen, müssen deutsche Gründer ihre Projekte oft in kleinen Etappen finanzieren und Hürden überspringen, die mitunter kreative Ideen im Keim ersticken lassen.

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